Tierbehandlung

 

Vorwort
In der Veterinärmedizin bestehen vielfach Schwierigkeiten, Humanmerkmale auf unsere Tiere zu übertragen. Tiere können uns leider keinen verbalen Bericht geben, so dass wir auf die zwar gut gemeinten, aber doch manchmal tendenziösen Schilderungen der jeweiligen Besitzer angewiesen sind. Richtig, die Tiere können nicht sprechen, aber sie können uns wiederum auch nicht belügen. Dafür haben aber unsere Tiere ihre eigene Sprache und was sie uns durch ihr Erscheinungsbild, Verhalten, Benehmen und ihren Gebärden usw. anzeigen, ist alles Wahrheitsgetreu und auch im vollen verwertbar. Man muss deren Krankheitsbeschreibungen sehr gut verstehen können, um homöopathische Arzneimittelbilder gezielt zu interpretieren.

Hier ein kleines Beispiel aus meiner Praktischen Tätigkeit

Luzy war eine 14 Jahre alte Schäferhunddame, aus deren Augen immer noch viel Lebenslust strahlte. Sie kam gerade aus einem Hundeauslaufgebiet und sah trotz alledem noch recht gepflegt aus. Nur ihr Gebiss lies zu Wünschen übrig, denn sie stank schon sehr schlimm aus ihrem Maul. Sie hatte Zahnstein und zudem Parodontose, sowie Taschen mit diversen Futterresten. Das sie dadurch Mundgeruch hatte, war selbstverständlich, aber es war der Hauptgrund, warum mit ihr immer weniger geschmust wurde und sie dafür auf ihren Platz geschickt wurde. Man gab ihr Plätzchen mit Minzegeschmack um den Geruch zu Unterdrücken, aber es half nichts. Die Hündin konnte dies aber nicht verstehen, denn sie stand doch bisher immer im Mittelpunkt des Interesses und auf einmal nicht mehr. Und überhaupt verstand Luzy in der letzten Zeit kaum mehr, was um sie herum geschah. Sie war zudem auch noch fast Blind und stocktaub. Weiterhin gab es auch Zuhause einschneidende Veränderungen, da ihr Frauchen verstarb und das neue Frauchen zog sich fast den ganzen Tag in ihr Arbeitszimmer zurück und dies mit Herrchen, aber ohne Luzy. Sie musste auf ihrem Platz in der Küche schlafen. Als Frauchen noch lebte, durfte sie überall mit hin und abends durfte sie sogar am Fußende bei Frauchen und ihrem Herrchen im Bett schlafen. Nun, gehörte sie wohl nicht mehr dazu? Das Herrchen war zu Tode betrübt, als er mir seine Hündin vorstellte, doch er war fest Entschlossen: Luzy muss eingeschläfert werden, denn es geht einfach nicht mehr mit ihr so weiter. Durch das ganze Drum herum konnte Luzy auch nicht mehr alleine sein und zudem urinierte sie im Haus und machte ab und zu auch ein Häufchen ins Haus, dabei winselte sie in einem fort. Weiterhin zerstörte sie Sachen und kratzte an der Haustür, wenn Herrchen nicht zu Hause war. Erst zeigte sie dieses Verhalten nur nachts, wenn Herrchen auf die Schicht arbeiten gehen musste und schließlich tat sie es auch am Tage, wenn man sie alleine ließ. Mittlerweile war es auch endlich ihrem Besitzer klar, dass Luzys verhalten deshalb auftrat, weil sich Luzy im Stich gelassen fühlte. Leider wollte ihr neues Frauchen diesen stinkenden Köter nicht mehr im Schlafzimmer haben, also sollte der Hund schnellstens weg!

Luzy hatte Glück, dass Bekannte auf das Herrchen einredeten und ihm meine Telefonnummer gaben, worauf er sich auch bei mir meldete und wir einen Termin vereinbarten. Luzy stank wirklich sehr aus dem Maul, denn mir dürfen Hunde auch Küsschen geben, so auch Luzy. Nach der Fallaufnahme gab ich dem Herrchen ein paar Globuli mit und nach vier Wochen war Luzys Verhalten normal, denn sie fand sich jetzt mit der neuen Situation ab. Das Herrchen hingegen, dass scheinbar erst so von seiner Entscheidung über das Einschläfern überzeugt war, war nun sehr erleichtert, dass er einen handfesten Grund hatte, um Luzy doch noch eine Chance zu geben. Die Verhaltensstörungen waren jetzt beseitigt, nun kam noch das Maul dran und nach drei weiteren Wochen war auch dieses Thema erledigt und auf einmal durfte Luzy auch wieder im Bett am Fußende ihres Herrchens schlafen. Wie Sie sehen konnten, muss man nicht immer gleich ein Tier einschläfern lassen!!!